29.4. – 9.5.2004
Leipzig – Plagwitz, LOFFT, Schaubühne Lindenfels
Zum zweiten Mal fand 2004 das Festival »Westend« statt, einer Zusammenarbeit der in den westlichen Leipziger Stadtteilen gelegenen Spielstätten LOFFT und Schaubühne Lindenfels. »Westend 04« wurde als eine dichte Plattform für zahlreiche Spielarten darstellender Kunst kuratiert, um den Tanzbegriff mit Blick auf die Kunstgeschichte zu öffnen und die Arbeit an einem Tanzfestival auch als gesellschaftspolitische Debatte zu begreifen. Einbezogen wurde über die Theaterhäuser hinaus das baulich, sozial und ästhetisch schwierige Quartier im Leipziger Westend: Plagwitz – Lindenau. Hier fand ein Theater als Vorgang statt, der das Umfeld thematisierte und die zerfallene Urbanität durch künstlerische An- und Zugriffe reanimierte.
Mit den elf geladenen Produktionen war »Westend 04« eine Begegnung der Leipziger Tanzszene um Heike Hennig und Steffen Fuchs mit einem Tanzdiskurs, wie er in der Arbeiten von Marten Spangberg, Oleg Solimenko oder der frankfurter küche (leipzig) zu erleben und zu diskutieren. Programmiert wurde darüber hinaus ein umfangreiches Programm an site specific work, Videoinstallationen und Diskussionen, dazu eine Tanzfilmreihe und Workshops. Einen speziellen Fokus bildetet die Film-Retrospektive der Choreografin und Experimentalfilmerin Yvonne Rainer. Inerhalb dieser Präsentation wurde in Zusammenarbeit mit dem Tanzarchiv Leipzig die Deutschlandpremiere der Dokumentation von Yvonne Rainers Arbeit „TRIO A“ aus dem Jahre 1978 ermöglicht. Mit der neuen Vernetzung des Instituts für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig, des Tanzarchiv Leipzigs e. V. und der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig konnte das Festival einer diskursiven Verankerung entsprechen und die Initiative »Westend 04« in den größeren Kontext zeitgenössischer Performance-Praktiken und Strukturen der Kulturarbeit stellen.
Mit dem Zitat Maybe the sky is green and we are just colorblind nahm das Festival Bezug auf den Film Dial H-I-S-T-O-R-Y von Johan Grimonprez, einem der wichtigsten Filme, der das Spektakuläre in unserer Katastrophenkultur aufdeckt. »Dial H-I-S-T-O-R-Y« vermischt photographische, elektronische und digitale Bilder und verzahnt Reportagen mit Stücken aus Science-fiction-Filmen, existierendem Filmmaterial und vom Künstler selbst gedrehten rekonstruierten Szenen. Die Fiktion macht es möglich, daß in diese Montage heterogene Elemente einfließen, so daß sich kritische Perspektiven mit privaten Geschichten vermischen. Dieses Werk, das das Medienspektakel anprangert, versucht den Einfluß der Bilder auf unsere Gefühle, unser Wissen und unser Gedächtnis aufzudecken. (Paul Sztulman, Kurzführer zur documenta X)